Vielfalt an deutschen Hochschulen: Neurodiversität

Ein Vortrag an der Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie in Hamburg zum Thema “Neurodiversität” von Prof. Dr. habil. André Frank Zimpel (Universität Hamburg / Zentrum für Neurodiversitätsforschung Hamburg-Eppendorf). Der Vortrag fand im Rahmen des Projektes “Vielfalt an deutschen Hochschulen” von der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz statt.

Was ist Neurodiversität?

Prof. Dr. Zimpel erklärte, dass Neurodiversität die Vielfalt der menschlichen Gehirne und Denkweisen beschreibt. Jedes Gehirn ist einzigartig, und diese Unterschiede sollten als Stärken betrachtet werden, nicht als Schwächen. Neurodiversität umfasst Menschen mit ADHS, Autismus, Tourette-Syndrom und anderen neurologischen Besonderheiten.

Herausforderungen und Chancen

Im Alltag und insbesondere im Bildungs- und Arbeitsumfeld begegnen neurodivergente Menschen vielen Herausforderungen. Häufig gibt es keine geeigneten Unterstützungsmaßnahmen. Beispielsweise sind verlängerte Prüfungszeiten für Menschen mit ADHS oft nicht hilfreich und können zusätzlichen Stress verursachen.

Beispiele aus der Praxis

Prof. Dr. Zimpel erzählte von einem tauben Studenten, der trotz anfänglicher Vorurteile erfolgreich war, als er die nötige Unterstützung erhielt. Diese Geschichten verdeutlichen, dass mit den richtigen Maßnahmen beeindruckende Erfolge möglich sind.

Das Bildungssystem und Neurodiversität

Das aktuelle Bildungssystem ist oft nicht auf die Bedürfnisse neurodivergenter Menschen ausgelegt. Prof. Dr. Zimpel hob hervor, dass der Nachteilsausgleich in Schulen und Universitäten oft unzureichend ist. Er nannte Beispiele von Studierenden, die aufgrund von ADHS oder Autismus mit unpassenden Maßnahmen konfrontiert werden, die ihre Situation nicht verbessern, sondern verschlechtern.

Forschung und Daten

Prof. Dr. Zimpel berichtete über verschiedene Studien und Daten, die die Notwendigkeit einer besseren Unterstützung neurodivergenter Menschen untermauern. In Deutschland gibt es beispielsweise nur wenige Menschen mit Down-Syndrom, die einen Hochschulabschluss haben, während dies in anderen Ländern häufiger vorkommt. Er betonte, dass neurodivergente Menschen oft unerkannte Stärken und Talente haben, die gefördert werden sollten.

Selbsteinschätzung und Bildungserfolg

Ein zentrales Thema des Vortrags war die Bedeutung der Selbsteinschätzung für den Bildungserfolg. Menschen, die ihre eigenen Stärken und Schwächen gut einschätzen können, haben größere Chancen auf Erfolg. Hier gibt es bei der Unterstützung von Menschen im Autismusspektrum noch viel Verbesserungspotenzial.

Intensivere Wahrnehmung

Menschen im Autismusspektrum haben oft eine intensivere Wahrnehmung, was zu Reizüberflutung führen kann. Prof. Dr. Zimpel erklärte, dass diese Menschen in einer intensiveren Welt leben und daher oft spezielle Strategien entwickeln, um damit umzugehen.

Beispiele für erfolgreiche Neurodiversität

Er nannte Beispiele von erfolgreichen Menschen mit neurodivergenten Eigenschaften, wie z.B. eine Medizinstudentin mit Tourette-Syndrom, die plant, als Chirurgin zu arbeiten. Solche Geschichten zeigen, dass neurodivergente Menschen oft besondere Fähigkeiten haben, die in einer unterstützenden Umgebung zur Geltung kommen können.

Fazit und Ausblick

Der Vortrag endete mit einem Aufruf zu mehr Sensibilisierung und Engagement für neurodivergente Menschen. Prof. Dr. Zimpel betonte, dass Vielfalt eine Inspiration und Chance sei, die erkannt und gefördert werden müsse. Er forderte die Anwesenden auf, aktiv zu einer Willkommenskultur beizutragen und Barrieren abzubauen, um das Potenzial jedes Einzelnen zu entfalten.

Dieser Vortrag war ein bedeutender Schritt, um das Bewusstsein für Neurodiversität zu schärfen und konkrete Schritte zur Förderung einer inklusiveren Gesellschaft zu diskutieren. Die Evangelische Hochschule plant, diese Themen in weiteren Veranstaltungen zu vertiefen und setzt damit ein starkes Zeichen für Vielfalt und Inklusion.

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