In einer Welt, in der finanzielle Kompetenz eine wesentliche Rolle für das tägliche Leben spielt, sind die Herausforderungen für Erwachsene mit ADHS häufig unauffällig, aber erheblich. Eine Studie der Universität Groningen, veröffentlicht im „International Journal of Environmental Research and Public Health“, beleuchtet die Stärken und Schwächen von Erwachsenen mit ADHS in Bezug auf Finanzwissen und Entscheidungsfähigkeit. Die Ergebnisse sind alarmierend und liefern wertvolle Erkenntnisse für Fachkräfte und Betroffene gleichermaßen.
Was wurde untersucht?
Das Forscherteam um Janneke Koerts wollte herausfinden, wie sich Erwachsene mit ADHS bei alltäglichen Finanzentscheidungen und -kenntnissen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne ADHS verhalten. Mithilfe des „Financial Competence Assessment Inventory“ (FCAI) wurden 45 Erwachsene mit ADHS und 47 Erwachsene ohne ADHS auf ihre Finanzkompetenzen hin untersucht.
Die wichtigsten Ergebnisse
Die Studie deckte deutliche Unterschiede zwischen Erwachsenen mit und ohne ADHS auf:
- Mangelndes Bewusstsein für Rechnungen: Personen mit ADHS hatten Schwierigkeiten, den Eingang von Rechnungen zu erkennen und den Überblick über ihre finanzielle Situation zu behalten.
- Unkenntnis über das eigene Einkommen: Viele Erwachsene mit ADHS wussten nicht genau, wie viel sie verdienen und wohin ihr Geld geht.
- Kein finanzieller Sicherheitspuffer: Sie verfügten weniger häufig über einen Notfallfonds für unerwartete Ausgaben, was sie anfälliger für finanzielle Probleme macht.
- Fehlende langfristige Finanzplanung: Langfristige finanzielle Ziele zu setzen und zu erreichen, fiel den Teilnehmenden mit ADHS schwerer.
- Geringes Verständnis von Vermögenswerten: Viele waren sich unsicher, welche Vermögenswerte sie besitzen und wie sie diese nutzen können.
- Erschwerter Zugang zu Finanzberatung: Teilnehmer mit ADHS gaben an, weniger Zugang zu Finanzberatung zu haben oder nicht zu wissen, wo sie diese finden.
- Rechtliche Konsequenzen bei Schulden: Etwa 27 % der ADHS-Teilnehmer hatten in den letzten fünf Jahren mit rechtlichen Maßnahmen aufgrund von Schulden zu kämpfen.
Ein überraschendes Detail: Der Einfluss des Einkommens
Die Studie zeigte, dass das Einkommensniveau keine signifikante Auswirkung auf die finanzielle Kompetenz bei Erwachsenen mit ADHS hatte. Unabhängig vom Verdienst hatten sie Schwierigkeiten in den genannten Bereichen.
Was bedeutet das?
Die Studie unterstreicht, wie wichtig es ist, dass Fachkräfte, die mit Erwachsenen mit ADHS arbeiten, proaktiv nach deren finanzieller Situation fragen. Durch gezielte Beratung und Coaching können sie dabei helfen, potenziell kritische finanzielle Probleme zu vermeiden.
Fazit
Während Erwachsene mit ADHS Stärken in einigen Aspekten der finanziellen Entscheidungsfindung aufweisen, haben viele erhebliche Schwierigkeiten in Schlüsselbereichen des alltäglichen Finanzmanagements. Ein besseres Bewusstsein für diese Herausforderungen kann dazu beitragen, maßgeschneiderte Ansätze für Beratung und Bildung zu entwickeln und somit die finanzielle Sicherheit von Menschen mit ADHS zu stärken.
https://pure.rug.nl/ws/portalfiles/portal/605734118/ijerph_20_04656.pdf
Studie „Financial Judgment Determination in Adults with ADHD“ (2021)
In der Studie „Financial Judgment Determination in Adults with ADHD“ (2021) von Koerts et al. wurde untersucht, wie sich das finanzielle Urteilsvermögen bei Erwachsenen mit ADHS im Vergleich zu Erwachsenen ohne diese Diagnose unterscheidet. Die Ergebnisse zeigen, dass Erwachsene mit ADHS deutlich schlechter abschneiden, besonders beim Verständnis und der realistischen Einschätzung von finanziellen Informationen. Sie haben Schwierigkeiten, finanzielle Entscheidungen fundiert zu treffen und sind anfälliger für impulsive Käufe. Die Studie betont die Notwendigkeit von gezielten Schulungs- und Coaching-Programmen, um Menschen mit ADHS dabei zu unterstützen, bessere Strategien für den Umgang mit ihren Finanzen zu entwickeln und so ihre finanzielle Unabhängigkeit zu sichern.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8295146/pdf/702_2021_Article_2323.pdf